Open-Source-Standard-Hardware
Nachhaltigkeit-Normung
Methodik für frei verwertbare repräsentative Referenztechnologie, insbesondere für kritische Infrastruktur
Bild: Standardisierung@Work, von Timm Wille; CC-BY-4.0
Freie Konkurrenz auf Produktebene ist eines der Grundprinzipien der Marktwirtschaft. Für den Markt funktioniert dieses Prinzip ziemlich gut, wobei eines der Grundversprechen ist, dass Kunden die freie Wahl zwischen konkurrierenden Produkten behalten. Das ist nicht der Fall bei Technologien, die als gemeinschaftliche Infrastruktur genutzt werden, denn hier haben die Endnutzer keine Wahl. Auch wäre es maßlos ineffizient, redundante, miteinander konkurrierende Infrastrukturen aufzubauen – wobei „Infrastruktur“ hier weit über physische Infrastruktur wie ein Schienen- oder Straßennetz hinaus geht: Interoperabilität, Produktsicherheit, Ontologien […] sind unabdingbare Teile gemeinschaftlicher Infrastruktur moderner Volkswirtschaften.
Normung, DIN
Hierfür gibt es Normung: Akteure aus allen gesellschaftlichen Bereichen erarbeiten gemeinsame Regeln – im Konsens. Das funktionierte 1917, als DIN als nationales Normungsinstitut in Deutschland gegründet wurde, sehr gut. Doch Produktlebenszyklen haben sich seither sehr verändert. Normen benötigen im Schnitt ca. 3 Jahre für eine Iteration; der komplette Produktlebenszyklus von Consumer Electronics liegt im Schnitt bei 18 Monaten; bei Software sind die Zyklen noch viel enger.
Software, Standardisierung, Open-Source
In der Software hat sich daher ein paralleles Netz an Standardisierungsinstituten gebildet. Open-Source ermöglicht den freien Austausch von Wissen und technischen Lösungen. Alles kann jederzeit kopiert, verändert und im Feld ausprobiert werden. Die besten Lösungen setzen sich durch Selektion durch und das gewonnene praktische Wissen steht allen zur Verfügung. Dieser Prozess ist bedeutend schneller als die Normung; allein für den Linux Kernel bspw. werden ca. 65 Patches am Tag verarbeitet.
Übergeordnete Standards werden oft in dedizierten Industriekonsortien erarbeitet, bspw. der Linux Foundation oder der Internet Engineering Task Force. Diese Technologien und Standards sind nicht repräsentativ; müssen sie auch nicht sein, denn die Schwelle, sie durch bessere, konkurrierende Lösungen zu ersetzen, ist (theoretisch) gering genug, um eine schädliche Dominanz einzelner Akteure zu verhindern – das ist eine Besonderheit von Software.
Um jedoch repräsentative Hardware-Standards zu entwickeln lässt sich dieser Prozess nicht anwenden; und Normung auch nicht, denn dafür ist sie zu langsam.
Ziel: Verschmelzung beider Methodiken zu einem Standard
In diesem Forschungsprojekt verschmelzen wir beide Methodiken, um eine neue zu erzeugen, die jedoch zu beiden Ökosystemen kompatibel bleibt. Diese neue Methodik kann z.B. dazu genutzt werden, Produktstandards für kritische Infrastruktur zu schaffen. Die technische Dokumentation des Open-Source-Produkts wäre frei verwertbar, sodass es von verschiedenen Unternehmen frei angeboten werden kann (ähnlich wie bei Schrauben oder Rohren, aber komplexer), ebenso der zugehörige Service – das kommt vor allem Kleinen- und Mittelständischen Unternehmen zugute.
Somit ließe sich technische Infrastruktur ohne Vendor-Lock-In und künstlicher Obszoleszenz schaffen; Basistechnologien ließen sich auf einer gemeinsamen Ebene standardisieren, anstatt sie als konkurrierende, zueinander inkompatible Produkte anzubieten. Konstruktive Entscheidungen werden hier nicht allein von den Produzenten getroffen, sondern gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Kreisen.
Ziel ist also eine Methodik für perfomante demokratische Technologieentwicklung.
